Frauenfiguren, Venusfiguren und andere …
VENUS – das hat sich als Bezeichnung für diese jahrtausendealten Statuetten eingebürgert. Und vorweg: wir wollen diesen Begriff auch beibehalten. Dennoch ist es notwendig darauf hinzuweisen, dass diese Frauendarstellungen nichts mit dem Bild einer klassischen Göttin gemein haben können: zu unterschiedlich sind die Lebensformen der eiszeitlichen Jäger- und SammlerInnen-Gesellschaften zu denen der Hochkulturen der klassischen Antike. Von derzeit noch in steinzeitlichen Kulturen lebenden Völkern wissen wir, dass sie keinen Hochgottglauben kennen. Es dominieren animistische Vorstellungen und eine Beseelung der Natur. Wer aber waren dann diese vielfach dargestellten Frauen? Dürfen wir überhaupt annehmen, dass sie alle dem gleichen Zweck dienten, und wenn, dann welchem? Wahrlich viele Bücher sind schon darüber geschrieben worden: von nüchternen archäologischen Beschreibungen mit dem resümierenden Hinweis, dass wir ihre Funktion nie ergründen werden, bis hin zu den „Großen Göttinnen“ und der Urmutter, die sich in den meisten Glaubensmythen in irgendeiner Form finden lässt. Als Archäologin muss ich die ersteren verteidigen, gilt doch die Faustregel, eine Quelle lügt nicht, sie kann nur falsch interpretiert werden. Viel kann man behaupten und Argumente bringen, Theorien bekommen bestenfalls einen gewissen Grad der Wahrscheinlichkeit; diese zu widerlegen, ist zumeist fast unmöglich.
Letztlich ist es aber unsere Aufgabe, Funde zu beleuchten und zu interpretieren. Kritische Archäologie erkennt die Grenzen ihrer Wissenschaft. Aber Wissenschaft bedeutet auch, diese Grenzen ständig zu erweitern und nach hinten zu rücken.