Das Idol von Falkenstein
Anlässlich der NÖ-Landesausstellung in Asparn an der Zaya und des dort gezeigten allerdings jungsteinzeitlichen Idols (nicht Venus) von Falkenstein und seiner spärlichen bzw. irreführenden Beschriftung möchte ich euch aus erster Hand erzählen, was es zu dieser Dame (?) zu sagen gibt:
Inmitten der Wälder zwischen Poysdorf und Falkenstein versteckt sich eine der bedeutendsten archäologischen Fundplätze Mitteleuropas: Um 4600 vor Christus war hier eine rund 12 Hektar umschließende Wallanlage gebaut worden, die von Größe und Höhenlage her als die älteste unter Ihresgleichen gilt. Zwischen 1975 und 1980 verbrachten wir – mein Mann Johannes-Wolfgang und ich – jährlich ca. 4 Wochen mit der Erforschung dieser jungsteinzeitlichen befestigten Siedlung aus der Zeit zwischen 4600 und 4500 vor Christus, dessen aufsehenerregendster Fund das Idol von Falkenstein ist.
Das Idol ist aus drei Bruchstücken zusammengesetzt worden, es fehlt nur ein Zipfel des linken Armes und im Zehenbereich gab es eine Beschädigung; beides wurde ergänzt. Der Fußteil blieb aufgrund seiner seichten Lage ohne Bemalung erhalten, aber der Rest ist in einer Weise vollständig dekoriert, dass wir eigentlich mit Sicherheit annehmen können, dass sich die Bemalung in gleicher Art am Fußteil fortsetzte. Die aufrecht stehende Figur hat geschlossene Beine, eine Lochung in Kniehöhe, einen stark ausgeprägten Gesäßteil, davon deutlich abgesetzten zylindrischen Oberkörper mit waagrechten Zipfeln als Arme, kleinen aufgesetzten Knubben als Brust, einen auffällig (für Menschen zu) langen Hals und einen kleinen annähernd kugeligen Kopf mit seitlichen Verbreiterungen, die den Ohrbereich darstellen dürften. Der gesamte Körper ist flächig gelb bemalt, sodass wir dies als Darstellung der Haut interpretieren wollen. Die bei der Keramikverzierung sonst ausgesprochen selten verwendete Farbe Schwarz dekoriert den Hüft/Beinbereich der Statuette. Sie ist nicht flächig aufgetragen worden, sondern es lässt sich an einer Stelle ein Mäandermotiv rekonstruieren. Diese Bekleidung wird nach oben zu im Hüftbereich begrenzt und interessanter weise auch an der Rückseite vertikal an der Mitte beider Oberschenkel, sodass wir dies nur mit einer Schürze vergleichen können. Die Länge dieser „Schürze“ lässt sich nicht mehr rekonstruieren, die dürfte noch in den unbemalt erhalten gebliebenen Fußteil hineingereicht haben. Kopf und Oberkörper weisen ebenfalls Bemalung in Schwarz auf, allerdings in Form von eng aneinandergesetzten kleinen Ellipsen, die wohl eine Haartracht andeuten.
Allerdings zieht diese Haartracht vom Kopf über die Schulten bis in den Rücken hinein, ist aber auch an der Vorderseite des Kopfes bzw. der Brust wahrzunehmen, was vielfältig interpretiert werden könnte. Mindestens ebenso interessant ist aber die Verwendung der roten Farbe: ein kleiner Tupf auf dem Scheitel sowie ein kettenförmig den Hals umschließender Streifen, der unter der Brust in einer Doppelspirale endet, lässt unschwer an die Darstellung von Schmuck denken. Oder sollte es sich doch um eine Körperbemalung handeln? Schmuck würde voraussetzen, dass diese Spirale eigentlich nur aus Metall, nämlich Kupfer, gefertigt worden sein konnte. Im gesamten Bereich der Bemaltkeramischen Kultur wurden bisher aber nur ganz wenige Kupferfunde getätigt. Im Balkangebiet ist zu dieser Zeit aber der Kupferbergbau bereits im Gange. Sollte dies ein Hinweis auf entsprechende Kulturkontakte sein? Schließt sich hier der Kreis der Vermutung, dass die große Befestigungsanlage mit Repräsentationscharakter auf östliche Vorbilder zurückgeht, von denen auch die Kenntnis des Kupfers stammt? Wer weiss, was hier noch in den Wäldern versteckt liegt, was die Wurzeln unserer Geschichte erhellen könnte….
Die spannende Geschichte der Entdeckung folgt!
Literatur: J.-W. Neugebauer, Archäologie Niederösterreichs, Poysdorf und das Weinviertel, St. Pölten 1995.